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SG056 Scheinkräfte / Trägheitskräfte

© H. Hübel Würzburg 2013

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Physik für Schülerinnen und Schüler

Das sind Kräfte, die nur in beschleunigten Bezugssystemen auftreten. Du hast mit einer von ihnen im Bus Bekanntschaft gemacht: Wenn du wieder einmal keinen Sitzplatz ergattern konntest, musstest du dich gut festhalten um nicht im Bus herumgeschleudert zu werden, besonders beim Anfahren, beim Bremsen und in Kurven.

Schauen wir uns den Fall an, dass der Bus bremst. Du wirst bei fehlendem Halt nach vorne geschleudert, scheinbar mit einer großen Kraft in Fahrtrichtung gezogen. Aber wie beobachtet ein Fußgänger auf dem Gehsteig die Situation: Er sieht, dass du dich noch ein Stück mit unverminderter Geschwindigkeit in Fahrtrichtung bewegst, während der Bus unter dir immer langsamer wird, also unter dir zurückbleibt. Das ist der Punkt: Wegen deiner Trägheit bewegst du dich (wenn du nicht durch die Reibung zwischen Schuh und Bus oder durch die Kräfte an den Schlaufen gehindert wirst) in Fahrtrichtung weiter - ohne Kraft aus Sicht des Fußgängers! Das nimmst du aber im Bezugssystem des Busses so wahr, als zöge dich eine Kraft in Fahrtrichtung, eine Scheinkraft oder Trägheitskraft.

Scheinkraft bei Auto in der Kurve Entsprechend ist es bei einer Kurvenfahrt:

Ein Passagier auf der Rücksitzbank eines PKWs versucht, sich wegen seiner Trägheit geradeaus zu bewegen, während der PKW unter seinem Hintern in die Kurve einbiegt. Im Idealfall ohne Reibung sieht also ein Fußgänger, dass du dich ohne Kraft geradeaus weiterbewegst, während du das Gefühl hast, dass dich im Auto eine Kraft allmählich "nach außen" zieht. In diesem Fall heißt die scheinbare Kraft im beschleunigten Bezugssystem des Autos, also die Trägheitskraft,  Zentrifugalkraft. Während du im Kurven fahrenden Auto das Recht hast, von einer Zentrifugalkraft zu sprechen, tut der Fußgänger gut daran zu leugnen, dass überhaupt eine Kraft wirkt.

Eine Zentrifugalkraft ist eine Schein- oder Trägheitskraft, mit der nur im beschleunigten Bezugssystem argumentiert werden darf.

Auf einen Satelliten, der um die Erde kreist, wirkt aus Sicht der Erde nur eine einzige Kraft: die Gravitationskraft. Im beschleunigten Bezugssystem (!) des Satelliten dagegen wirkt eine Gravitationskraft und die Zentrifugalkraft. Beide Kräfte heben sich in diesem Bezugssystem gegenseitig auf, sodass der Satellit im kreisenden (beschleunigten) Bezugssystem in Ruhe bleibt.

Auch die rotierenden Erde stellt ein beschleunigtes Bezugssystem dar, in dem ebenfalls Scheinkräfte wirken, die Zentrifugalkraft (sie reduziert geringfügig die Erdanziehung) und Coriolis-Kräfte, die z.B. für Zyklone in den Wind- und Wolkenmassen verantwortlich sind.

Es ist wichtig, zu wissen, in welchem Bezugssystem argumentiert wird. Je nach Bezugssystem müssen Vorgänge evtl. anders beschrieben werden.

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( Oktober 2013 )