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SG008 Vektoren

© H. Hübel Würzburg 2013

Ort

Koordinaten

Glossar

Physik für Schülerinnen und Schüler

Vektoren sind ein mathematisches Hilfsmittel zur einfachen Beschreibung von Vorgängen im Raum. U.a. spielen folgende Vektoren eine wichtige Rolle in der Physik: Ortsvektor x, Geschwindigkeit(-svektor) v, Beschleunigung(-svektor) a, Kraft F, elektrische Feldstärke E, magnetische Feldstärke B (magnetische Flussdichte), ... . Der Zusatz "-svektor" wird häufig weggelassen. Vektoren werden benutzt in Koordinatenschreibweise und in koordinatenfreier Schreibweise.

Will man den Ort eines Punktes P im Raum angeben, braucht man in der Regel einen Koordinatenursprung, an den Ortsvektoren sozusagen "angeheftet" werden. Dort, am "Startpunkt", sind die stumpfen Enden aller Vektorpfeile von Ortsvektoren. Dann braucht man eine Information, wie weit man von diesem Ursprung aus in eine bestimmte Richtung gehen muss, um den Punkt P zu erreichen (dort, am "Zielpunkt", ist die Spitze des jeweiligen Vektorpfeils).

Deswegen sagt man in der Physik - etwas vereinfacht - ein Vektor ist eine Größe mit Betrag (wie weit?) und Richtung. Wählt man z.B. den Erdmittelpunkt als Koordinatenursprung, muss man ca. 6400 km nach Norden gehen, um den Nordpol zu erreichen. Der Ortsvektor des Nordpols hat also in bezug auf den Erdmittelpunkt den Betrag 6400 km und die Richtung ist die Richtung vom Erdmittelpunkt nach Norden.

Überlege dir die Situation, wenn du am Rand eines tiefen Brunnens stehst und einen Stein hineinfallen lassen möchtest. Der Brunnen soll 45 m tief sein. Dazu braucht der Stein ziemlich genau 3 s und erreicht beim Aufprall unten ein Tempo von ca. 30 m/s.

Wo wirst du den Koordinatenursprung wählen? Das kannst du machen wie du willst, aber am sinnvollsten wird wohl der Startpunkt als Koordinatenursprung sein. Und da die Bewegungsrichtung nach unten zeigt, wirst du dies wohl als positive Koordinatenrichtung wählen. Andernfalls müsstest du sorgfältiger auf die vielen Minuszeichen achten. Nach 3 s ist sowohl der Ortsvektor x als auch der Geschwindigkeitsvektor v vom Startpunkt "senkrecht nach unten" gerichtet. Der Betrag des Ortsvektors ist dann 45 m und der Betrag des Geschwindigkeitsvektors 30 m/s, eben gleich dem Tempo des Steins nach 3 s.

Manchmal möchte man die Richtung eines Vektors eindeutiger als mit Worten ("senkrecht nach unten") angeben. Der Ortsvektor x eines Körpers soll vom Ursprung bis zu der momentanen Position des Körpers führen. Wir idealisieren den Körper zu einem Massenpunkt P. Also gibt man am besten die Koordinaten des Punktes P zur Zeit t an, z.B. also bei einer bestimmten Wahl der Koordinatenachsen: x = 0 m, y = 45 m, z = 0 m bei t = 3 s. (Der Koordinatenursprung hat natürlich die Koordinaten x0 = 0, y0 = 0, z0 = 0). Nur die y-Koordinate sich bei dieser Wahl der Koordinatenachsen verändert. Von oben nach unten ist die y-Koordinate immer größer geworden.

Statt die Koordinaten aufzuzählen oder sie als Punktkoordinaten nach dem Muster P(x,y,z) anzugeben, ist es üblich, sie in einer "Spalte" untereinander zu schreiben. Diese Darstellungsform eines Vektors heißt Spaltenvektor,  die Koordinaten dort Vektorkoordinaten, und es gilt für den Ortsvektor x zur Zeit 3 s:

Allgemein wird geschrieben:

Manchmal schreibt man den Vektor auch als Zeilenvektor. Diese Schreibweise erleichtert dem Drucker die Arbeit, wird aber eher für Punkte mit ihren Punktkoordinaten angewandt:

x = (x | y | z) .

Im Raum kann man sich dann die Lage des Punktes P und seines Ortsvektors x  gut vorstellen:

Hier wird ein kartesisches Koordinatensystem mit senkrecht aufeinanderstehenden Koordinatenachsen verwendet.

Der Ortsvektor x des Punktes P ist blau eingezeichnet. "Startpunkt" des Vektorpfeils ist im Koordinatenursprung, "Zielpunkt" beim jeweils betrachteten Punkt P.

In der Zeichnung sind die Koordinaten des betrachteten Punktes mit einer kleinen 0 versehen, damit man sie von den Koordinatenachsen unterscheiden kann. Im Text ist das nicht der Fall.

x0, y0 und z0 sind zunächst die Punktkoordinaten von P. Sie sind aber zugleich die Vektorkoordinaten des Vektors x.

Es ist dann klar, welche Richtung der Ortsvektor hat. Wie du vielleicht im Mathematik-Unterricht lernst, kann man den Betrag |x| des Vektors x leicht aus den Koordinaten ausrechnen:

|x| =   √ ( x2 + y2 + z2 )

Rechne nach, dass sich im Brunnenbeispiel so tatsächlich der Betrag 45 m ergibt.

Die Wahl der Koordinatenrichtungen (in der Mathematik: die Wahl der "Basis") gilt dann auch für andere Vektoren. Der Vektor F sieht in Koordinatendarstellung z.B. so aus: F = (Fx | Fy | Fz) bzw. entsprechend als Spaltenvektor, mit Koordinaten Fx, Fy, Fz, die jedes Vorzeichen haben können. Wenn du unbedingt willst, könntest du den Vektor der Gewichtskraft so darstellen: G =  ( 0 |  - m·g | 0 ). Das Minuszeichen verrät, dass die positive y-Richtung (ungeschickterweise) nach oben orientiert ist.


Häufig braucht man die Koordinatendarstellung eines Vektors aber gar nicht. Es ist häufig viel einfacher, mit Vektoren in koordinatenfreier Schreibweise zu argumentieren.

Zum Beispiel kann man Richtungen von zwei Vektoren leicht vergleichen. Wenn sich zwei Vektoren a und b nur durch einen Faktor c unterscheiden, also a = c·b, dann sind die beiden Vektoren entweder gleichgerichtet parallel (wenn c > 0) oder entgegengesetzt parallel (wenn c < 0). Beispiele:

  1. Das 2. Newton'sche Gesetz lautet F = m·a . Da m > 0 sind F  und a  gleichgerichtet: Die Kraft F hat immer die gleiche Richtung wie die Beschleunigung a, die sie hervorruft. Die Bewegungsrichtung (v) kann davon völlig verschieden sein.

  2. Während für den Fall des Steins in den Brunnen gilt:  x = 0 , y = g/2 t2 und für einen horizontalen Wurf x = v0·t , y = g/2·t2 , kann man beide zu einer Vektorgleichung zusammenfassen:

    x = v0·t + 1/2 · g · t2,

    wobei v0 = konst. horizontal und g vertikal in positive y-Richtung, also nach unten, gerichtet ist. Ergänzt man noch den Anfangsort

    x = x0v0·t + 1/2 · g · t2

    gilt die Gleichung sogar für jeden beliebigen Wurf unter dem Einfluss der Schwerkraft. Man erkennt ganz klar, dass bei jedem solchen Wurf in Richtung von v0 eine gleichförmige Bewegung mit konstanter Geschwindigkeit vorliegt, der eine gleichmäßig beschleunigte Bewegung in Richtung von g überlagert ist. Und, wenn man die 3 Zeilen für die 3 Koordinaten x, y und z getrennt hinschreibt, hat man sogar die oben erwähnten Koordinatengleichungen zurückgewonnen (z = 0), sogar in allgemeineren Fällen als oben.

  3. Bei einer gleichförmigen Kreisbewegung ist der Geschwindigkeitsvektor v tangential an den Kreis und der Beschleunigungs-/Kraftvektor a bzw. F radial zum Zentrum hin gerichtet. In einem Zeitabschnitt Δt erfolgt dann eine quasi tangentiale Verschiebung Δs = v·Δt. Da aber Kraft und Verschiebung aufeinander senkrecht stehen, kann die Kraft keine Arbeit verrichten; die Energie bleibt konstant, damit auch der Betrag der Geschwindigkeit.

  4. Eine elektrische Kraft F auf eine bewegte Ladung wird i.A. keine Bewegung längs der Feldlinie bewirken. Nur die Beschleunigung a wird längs der Feldlinie in Richtung F verlaufen; die Bewegungsrichtung bzw. die Richtung von v hängt von der Anfangsgeschwindigkeit v0 ab. Ähnlich verhält es sich bei der Bewegung einer Magnetnadel im Magnetfeld.

  5. Anders ist die Situation, wenn so große Reibung vorhanden ist, dass sich Reibungskraft FR und F gegenseitig aufheben. Da FR entgegengesetzt zu v ist, sind F und v gleichgerichtet, F wirkt in Richtung von v, aber, da Kräftegleichgewicht herrscht, findet keine Beschleunigung statt und v bleibt konstant: geradlinig gleichförmige Bewegung. Das ist also nur möglich, wenn F geradlinig konstant.

Du hast hoffentlich eingesehen, dass man sich mit Vektoren in kordinatenfreier Schreibweise viel Arbeit und Überlegung sparen kann.

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In Mathematik und Physik wird der Vektorbegriff häufig verallgemeinert. Gemeinsam sind allen Formen von Vektoren bestimmte Regeln, die so genannten Vektorraum-Axiome, mit denen wir uns hier nicht beschäftigen wollen. Sie gelten genauso wie für die Vektoren der Physik auch für Vektoren, wie du sie vielleicht im Mathematik-Unterricht kennen gelernt hast.