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Physik für Schülerinnen und Schüler

Masse

© H. Hübel Würzburg 2013

Empfohlene Glossarthemen:

Masse

Wechselwirkung

Kraft

Glossar

Physik für Schülerinnen und Schüler

Impres-sum

Wägestücke aus einem Wägesatz

Masse als Eigenschaft von Gegenständen

Früher hatte jeder Lebensmittelhändler einen Wägesatz, mit dem er seinen Kunden genau 1 kg Mehl oder genau 100 g Pfeffer abwiegen und verkaufen konnte. Vielleicht habt ihr einen solchen Wägesatz auch in euerer Schule.

Auf den einzelnen Wägestücken eines solchen Satzes stehen Angaben wie 100 g, 250 g, 500 g oder 1 kg, 2 kg, 5 kg. Solche Aufschriften hast du sicher schon gesehen. So etwas auf einen Gegenstand zu schreiben hat aber nur einen Sinn, wenn das eine feste, unveränderliche Eigenschaft des Gegenstands ist.

Vielleicht nennst du sie wie in der Umgangssprache "Gewicht". Das ist aber ein sehr zweideutiger, missverständlicher Name. Ich rate dir deshalb, ihn in der Physik nicht zu verwenden. Der offizielle Name ist Masse m. Würdest du "Gewicht" verwenden, wäre das ähnlich wie wenn Erwachsene dich immer nur "Kind" nennen würden, obwohl sie genau wisssen, dass du ein Mädchen bzw. ein Junge bist.

Um welche Eigenschaft handelt es sich denn bei der Masse?

Stell' Dir vor, du stehst mit deinem Fahrrad vor einer roten Ampel, genauso wie ein Kieslaster, der mit 3 t = 3000 kg Kies beladen ist. Der Kieslaster ist mit einem sehr starken Motor ausgestattet. Er kann den Laster sicher mit einer sehr viel größeren Kraft beschleunigen als deine Muskelkraft dich und dein Fahrrad.

Du und der Kieslaster, ihr "steht schon in den Startlöchern", wenn die Ampel auf gelb gesprungen ist. Und was geschieht, wenn die Ampel auf grün schaltet? Trotz deiner relativ kleinen Muskelkraft kannst du dich und dein Fahrrad viel schneller beschleunigen als der starke Dieselmotor den Laster. Wenn du die Kreuzung bereits überquert hast, hat der Laster noch nicht einmal ihre Mitte erreicht. Woran liegt es? Doch wohl an der im Vergleich zum Kieslaster viel kleineren Trägheit von dir und deinem Fahrrad.

Du hast ja früher schon kennengelernt, dass alle Gegenstände aus deiner Erfahrungswelt träge sind, d.h. dass sie versuchen ihren "Bewegungszustand beizubehalten". Zur Erinnerung: Wenn ein solcher Gegenstand in Ruhe ist, versucht er weiterhin in Ruhe zu bleiben. Wenn ein solcher Gegenstand in Bewegung ist, versucht er weiterhin in geradliniger Bewegung mit konstanter Geschwindigkeit zu bleiben. Das gelingt ihm auch, wenn keine Kraft auf ihn wirkt. Erst, wenn eine Kraft wirkt, kann er seinen Bewegungszustand nicht mehr beibehalten. Die Kraft ist dann die Ursache für eine Beschleunigung, ein Schneller- oder Langsamerwerden oder eine Richtungsänderung. Allgemein wird eine Kraft definiert als die Ursache für eine Änderung des Bewegungszustands.

        Mit dem Begriff "Trägheit" kennzeichnet man das Bestreben eines Körpers, seinen Bewegungszustand beizubehalten.     

Hoffentlich hast du Gelegenheit, im Unterricht das folgende Experiment durchzuführen (Versuch 1):

Es soll ein Wagen jeweils durch die gleiche Kraft beschleunigt werden. Als unveränderliche Antriebskraft wird die Gewichtskraft auf ein kleines Wägestück  (Antriebskörper) verwendet. Über eine Umlenkrolle beschleunigt sie den Wagen auf der horizontalen Fahrbahn.

Zunächst wird ein Wagen allein verwendet. Du beobachtest, dass er ganz langsam aus der Ruhe startet, aber im Lauf der Zeit immer schneller wird: Er wird durch die Antriebskraft beschleunigt.

Dann legst du einen zweiten, genau gleichen Wagen auf den ersten und lässt beide Wagen durch dieselbe Antriebskraft beschleunigen. Alles läuft deutlich langsamer ab: die kombinierten Wagen sind deutlich träger. Noch träger sind sie, wenn du sogar drei Wagen miteinander kombinierst.

Stünde auf jedem Wagen seine Masse, z.B. 200 g, dann würden sich die zwei kombinierten Wagen gleich verhalten wie ein einzelner mit 400 g, die drei kombinierten Wagen wie ein einzelner mit 600 g. Ganz klar: Je größer die Masse eines Körpers ist, desto größer ist seine Trägheit.

Deshalb hat man definiert:

       Die Masse eines Körpers soll ein Maß für seine Trägheit sein.  

Versuch 2

(Noch einfacher könntest du die unterschiedliche Trägheit studieren, wenn du die Wagen durch eine horizontal gespannte Feder beschleunigen würdest. Die Feder wird bei jedem Versuch immer gleich lang gedehnt; dann übt sie immer die gleiche Kraft aus.

Verwende Wagen mit einfacher, doppelter, dreifacher, ... Masse und beobachte, wie sich die unterschiedliche Trägheit auswirkt.)

Wenn man einmal festgestellt hat, dass ein Körper eine Trägheit (Masse) von 1 kg besitzt, dann dann weiß man, dass er überall dieselbe Masse (Trägheit) von 1 kg besitzt. Er hat er diese Eigenschaft überall auf der Erde und im gesamten Weltall, auch in der Schwerelosigkeit der Raumstation ISS, die um die Erde kreist.

Das Urkilogramm

Was bedeutet aber nun die  genaue Angabe der Masse mit 1 kg? Da hat sich im vorletzten Jahrhundert eine internationale Kommission getroffen, hat einen Körper konstruiert, der sich so gut wie nie verändert und hat weitgehend willkürlich festgelegt: Dieser Körper soll die Masse (Trägheit) 1 kg haben. Man nennt diesen Körper das Urkilogramm und bewahrt ihn in Paris in einem Tresor auf, in dem er möglichst keinen Umwelteinflüssen ausgesetzt ist. (In den letzten Jahren gibt es Bestrebungen, ihn durch eine noch weniger veränderliche perfekte Kugel aus Silizium zu ersetzen.) Das Urkilogramm wurde so konstruiert, dass es in guter Näherung die Masse (Trägheit) von 1 𝓁 Wasser bei bestimmten Bedingungen hatte. Die Trägheit (Masse) aller anderen Körper wird seitdem (im Prinzip) mit der Trägheit dieses Urkilogramms verglichen. Mehr dazu findest du hier:

http://www.wdr.de/tv/quarks/sendungsbeitraege/2005/1206/002_schwerkraft.jsp

Prinzip-Versuch zum Vergleich von Massen (Versuch 3)

Versuchsaufbau ähnlich wie im Versuch 1: Geschwindigkeitsmessung jeweils 1 s nach dem Start aus der Ruhe, jeweils nach Beschleunigung durch die gleiche Kraft. Geschwindigkeitsmessung mit einer Lichtschranke. Wenn du zwei Lichtschranken und ein geeignetes PC-Programm (z.B. VTLICHT) verwendest, kannst du einerseits die Laufzeit des Wagens von Lichtschranke zu Lichtschranke messen, andererseits die Geschwindigkeit beim Unterbrechen der zweiten Lichtschranke. Der Abstand der Lichtschranken lässt sich dann für die jeweilige Masse so einstellen, dass die Laufzeit jeweils genau 1 s beträgt. Dann also wird die Geschwindigkeit gemessen.

Wenn dieselbe Geschwindigkeit angezeigt wird, die das Urkilogramm bei gleicher Antriebskraft erreichen würde, hätte auch der Wagen die gleiche Masse, also 1 kg.

Wenn der Körper bei diesem Beschleunigungsversuch in 1 s im Vergleich zum 1 kg-Stück nur die halbe Geschwindigkeit erreichte, muss er doppelte Trägheit (Masse) haben, also 2 kg. Bei einem drittel der Geschwindigkeit die 3-fache Masse, also 3 kg usw. Das konnte man leicht erreichen, indem man zunächst zwei 1 kg-Stücke kombinierte, dann drei 1 kg-Stücke. Klar: Zwei gleiche Körper mit jeweils der Masse (Trägheit) 1 kg sind zusammen doppelt so träge wie ein einzelner, haben also zusammen die Masse 2 kg. ...

Entsprechend: Wenn der Körper bei diesem Beschleunigungsversuch in 1 s im Vergleich zum 1 kg-Stück die doppelte Geschwindigkeit erreichte, muss er die halbe Trägheit (Masse) haben, also 0,5 kg. Auf diese Weise kann man im Prinzip Wägestücke herstellen, die eine vielfache Masse oder Bruchteile der Masse 1 kg haben. (Statt 1 s könntest du für diese Versuche auch eine kleinere Zeit wählen, aber immer die gleiche.)

Der Clou

Jetzt weißt du, was die Aufschrift auf den Wägestücken bedeutet: Sie misst die Trägheit des jeweiligen Wägestücks. Ähnlich misst die Masse m von allen Körpern ihre Trägheit. Eigentlich müsste man die Masse eines Körpers durch einen Beschleunigungsversuch bestimmen. Da das sehr umständlich ist, bestimmt man Massen durch einen Massenvergleich mit einer zweiarmigen Waage (dazu braucht man dann die Wägestücke) oder meist indirekt, nämlich durch die Gewichtskraft G, die an einem bestimmten Ort auf den Körper der Masse m wirkt.

Die Masse m eines Körpers ist ein Maß für seine Trägheit. Die Trägheit (Masse) wird in der Einheit kg oder g gemessen.

Für einen bestimmten Körper ist die Masse überall in der Welt gleich (wenn sich der Körper nicht verändert): Die Masse ist eine Eigenschaft eines Körpers allein. 

Es gibt noch kleinere und größere Massen:

1 kg = 1000 g   1 mg = 1/1000 g      1 t (Tonne) = 1000 kg

Wenn du früher gesagt hast: "Ich bin etwa 50 kg schwer", dann solltest du jetzt genauer sagen: "Ich habe eine Masse von etwa 50 kg". (Du könntest auch sagen: "Ich habe eine Trägheit von 50 kg". Das wäre richtig und klar, ist aber kaum gebräuchlich.) Du kaufst in der Metzgerei Wurst auch nicht nach dem Gewicht (wie man manchmal fälschlich behauptet; siehe oben), sondern nach der Masse ("Bitte 100 g Schinken"). Auch die Post verlangt eine Paketgebühr nach der Masse (obwohl sie das nicht so sagt). Die Gewichtskraft, die auf ein Paket am Aufgabeort und am Auslieferungsort wirkt, ist ja in der Regel unterschiedlich und kann also zur Berechnung der Paketgebühr nicht herangezogen werden.

Denk' dir eine Science Fiction-Situation aus: Du verschickst ein Paket von der Erde zu deinem Freund auf einem 2007 entdeckten Planeten der fernen Sonne Gliese 581 in einer Entfernung von ca. 20 Lichtjahren. Dort wird jeder Gegenstand mit einer viel größeren Gewichtskraft angezogen als auf der Erde. Es wäre sehr unpraktisch, wenn die Paketgebühr nach der wirkenden Gewichtskraft berechnet würde. Dagegen: Weil die Masse überall gleich ist, verhindert eine Paketgebühr nach der Masse Konflikte zwischen der irdischen Post und der Gliese 581-Post.


Aufgaben:

1. Es geht um den Versuch zum Vergleich von Massen mittels der Trägheit. Zum Beschleunigen wird wie in Versuch 1 ein Antriebskörper eingesetzt, auf den eine Gewichtskraft von 1 N wirkt. Ein Wagen mit der Masse 1 kg erreicht nach Start aus der Ruhe nach 1 s die Geschwindigkeit 1 m/s. Welche Masse hat ein Körper, der bei dem gleichen Versuch, beschleunigt durch dieselbe Kraft  1 N,  nach 1 s die Geschwindigkeit 2 m/s erreicht, welche Masse hat ein Körper, der dabei die Geschwindigkeit 0,25 m/s erreicht?

2. Der Versuch von Aufgabe 1 wird jetzt in der Raumstation ISS durchgeführt.

a) Welche Geschwindigkeit erreichen dort die 3 Körper?

b) Wenn du glaubst, dass die Frage nicht ganz fair gestellt ist, sollst du jetzt davon ausgehen, dass auf eine andere Weise als durch ein Antriebsgewicht die beschleunigende Kraft von 1 N erzeugt wird. Welche Geschwindigkeiten erreichen jetzt die 3 Körper?

3. Betrachte die Aussage: "Ein Körper wird beschleunigt." Bedeutet diese Aussage

a) der Körper bewegt sich schnell ?

b) der Körper bewegt sich immer schneller ?

c) Warum sagen wir in der Physik nicht wie in der Umgangssprache "ein Körper ist beschleunigt", sondern "ein Körper wird beschleunigt"?

4.   1 𝓁 Wasser bei "Normalbedingungen" hat eine Masse von ziemlich genau 1 kg. Welche Masse hat dann 1 m3 Wasser? Wie groß ist ist das Volumen von 1 g Wasser?